Der neue Erweiterungsbau der Küppersmühle mit der Ausstellung von Andreas Gursky brachte mich in meine alte Heimat Duisburg zurück. Die Kunstausstellung selber interessierte mich nur sekundär, wenngleich die großformatigen Fotographien von Andreas Gursky imposante Wirkung haben. Sehr gespannt war ich auf die architektonische und innenarchitektonische Gestaltung des Erweiterungsbaus, der von den Stararchitekten Herzog & de Meuron entworfen wurde. Kritik hatte es am Bau des Erweiterungsgebaus von Herzog & de Meuron mehrfach gegeben. Der erste Entwurf, ein gläserner Kubus, der auf den bestehenden Silos  geplant und teilweise bereits umgesetzt war, musste aufgrund statischer Mängel wieder zurück gebaut werden. Den nun entstandenen Anbau mit Fassaden aus Ziegelmauerwerk empfinde ich architektonisch im Zusammenhang mit dem Bestandsgebäude und den eine Fuge bildenden Silos passender.

Während sich die Fassaden noch stark strukturiert und mächtig darstellen, wird im Inneren mittels reduzierter räumlicher Gestaltung erkennbar den Ansprüchen einer Ausstellungshalle Tribut gezahlt.
Die Klarheit der Ausstellungsräume geben den Kunstwerken ausreichend Raum zur Wirkung. Materialen, Licht und Proportionen sind im bestehenden Ausstellungsgebäude wie im Erweiterungsbau als Komposition minimalistischer und stimmungsvoller Raumathmosphären verwirklicht.

Besondere Aufmerksamkeit verdient die skulpturale und durch ihre Materialität besondere Architektursprache der Treppenhäuser. Diese sind spiralförmig aus Beton gegossen. Die Treppenuntersichten erscheinen mit der sichtbaren Struktur der Verschalungstafeln, was dem robusten Material Beton eine gewisse Sanftheit verleiht. Diese Optik wird durch die aussergewöhnliche Farbe verstärkt. Der Beton ist in einem ähnlichen orange – rot wie die Ziegel der Fassaden eingefärbt. In Kombination mit der Struktur der fächerförmigen Anordnung der sichtbar gemachten Schalungsbretter und der Formgebung selbst erzielt der Raum eine ganz besondere Stimmung. Die Raumwirkung ist höhlenartig, wie Lehmputz. Das durch Lichtschlitze in der Fassade und das runde Oberlicht einfallende Licht verstärkt den skulpturalen Charakter der Treppenhäuser. Seitliche Leuchten, in Form und Größe an die Fensteröffnungen angelehnt, geben ein sehr warmes gelbes Licht, wodurch die „Geborgenheit“ noch verstärkt wird. Die auf diese Weise geschaffene Stimmung bildet einen Gegensatz zum Material Beton und übt damit eine unglaublich fazinierende Wirkung auf mich aus, die mich verleitet länger im Treppenhaus zu verweilen. Dieses mutet paradox an, da das archetypische Treppenhaus zur Überwindung von Ebenen und vielleicht auch zur Repräsentation gedacht ist. Die Treppenräume in der Küppersmühle sind jedoch weit mehr als das. Sie haben Qualitäten eines Aufenthaltortes. Durch die glatten weißen Wände und die minimalistisch Gestaltung der angrenzenden Ausstellungsräume wird dieser besondere Raumeindruck noch verstärkt. Gestalterisch gehen die Treppenräume für mich über ihre eigentliche Funktion hinaus und verkörpern eine Skulptur und ein Kunstwerk für sich.

Bei den verwendeten Materialien finden sich weitere schöne Analogien. Wie etwa eingesetzt bei den geschnittenen Kanten der Treppengeländer und andererseits den geschnittenen Kanten des Betons der Silos, die den Durchgang zur Brücke und Anbau frei geben. Beide Kanten lassen in Gestalt der Kieselsteine das Zuschlagsmaterial des Betons erkennen, geschnitten und offengelegt wie bei einem Terrazzoboden. Geht man mit der Hand über die glatte und polierte Oberfläche des Treppengeländers vermag man eine Weichheit zu spüren, die dem Material Beton eigentlich fremd ist. Die aufgeschnittene Wandung der Silos bleibt im Gegensatz dazu matt und unpoliert. Gleichwohl fasziniert die durch den Schnitt freigelegte Struktur der dünnen Metallwandung mit dem massiven Betonkern, der seine Kieselsteine und gerosteten Bewehrungseisen offenbart.
Der Besuch ist für Architektur- und Kunstbegeisterte, aber auch für Schöngeister ein Besuch und durchaus auch mehrere wert. Ich werde mir jedenfalls die besondere Struktur der Ziegelfassaden in der weichen Frühlingssonne ansehen und bin schon auf die Licht- und Schattenwirkungen gespannt.
Als Abschluss eines inspirierenden Museumsbesuches empfiehlt sich die angeschlossene Gastronomie, die neben einer ansprechenden Innenraumgestaltung und einem sehr zuvorkommendem Service eine große Auswahl an besonderen Speisen und gut sortierten Getränken aufweist. Auch für mich als Veganer wird immer etwas Besonderes auf den Tisch gezaubert. Die Qualität des Teesortiments belegt eindrucksvoll, dass dort Gastfreundschaft nicht nur eine Floskel ist, sondern gelebt wird.